Es ist Sommer, geniales Wetter und ein Tag im Bikepark mit den Freunden ist im vollen Gange. Aber oft gibt es Faktoren die einen dazu zwingen, schon lange vor der letzten Liftfahrt, das Handtuch zu werfen. Nicht etwa, weil das Bier warm wird oder man einen Platten hat. Ich meine körperliche Erschöpfung, speziell in den Händen. Aber mit etwas optimierung, kann man leicht etwas dagegen tun.
Also was ist für euch der Faktor, der euch meistens dazu bringt zu sagen "das war die letzte Fahrt"?
Die meisten Freizeit-Piloten müssen aufhören weil sie den Lenker nicht mehr richtig und sicher halten können. Aber warum ist das so, warum können manche hier länger durchhalten oder haben gar keine Probleme damit? In den 16 Jahren, die ich nun im Sport dabei bin, habe ich mich das oft gefragt. Von dem Problem bin ich selbst ständig betroffen als Schreibtischtäter. Bevor alles andere schlapp macht, machen die Hände schlapp. Gegen Ende der Saison ist das Problem geringer, aber am Anfang des Jahres muss man sich die Fahrten schon einteilen! Daher möchte ich ein wenig darauf eingehen wie man mit dem Wissen und der richtigen Methode trotzdem mehr Spaß haben kann, ohne ständiges Unterarmtraining.
Die Beanspruchung
Generell sind die Hände hohen Belastungen ausgesetzt. Der Lenker muss gehalten, werden denn hier hängt das Leben oder zumindest die Gesundheit von ab. Man muss dran ziehen um abzuspringen zu können und Vibrationen aushalten, z.B. von Bremswellen. Das beansprucht die Unterarmmuskulatur sehr. Dazu kommt, dass man die Hand während einer Abfahrt meist nicht einfach öffnen und schließen kann, damit der Muskel nicht so übersäuert. Geübte Fahrer nutzen genau aus diesem Grund Sprünge, um die Hände kurz zu öffnen und den Muskel zu entspannen. Das hört sich nutzlos an, bringt aber bei einer langen Abfahrt einiges.
Also haben wir hier eine kritische Stelle an der man nur schwer etwas verbessern kann. Jedoch geht das nicht jedem so. Oft kann man klar zwischen handwerklichen und Büro Jobbern unterscheiden. Ein Schreiner hat wohl weniger Probleme mit den Händen, als ein Verischerungssachbearbeiter, da er schon im Alltag seine Hände beansprucht und trainiert. Fährt man dazu als Bürojobber nur 2 mal im Monat in den Bikepark, stellt sich auch durch die selten wiederkehrende Belastung kaum eine Besserung ein, da die Reize auf den Körper zu selten auftreten. Die Enduro-Tour unter der Woche hilft zumindest ein wenig, sich auf Bikeparks vorzubereiten.
Die Peripherie - Wie halte ich länger durch?
Alles was nach dem Griff kommt, also Lenker, Gabel, Fahrwerk, Reifen, ist die Peripherie. Jedes Bauteil kann die Ermüdung der Hände beschleunigen, oder verlangsamen. Es geht alles einher mit hochfrequenten Vibrationen.
Ist der Lenker zu steif, wie verschiedene Modelle aus Carbon, belastet das im ruppigen Gelände die Unterarme extrem. Hier sollte man darauf achten, dass der Lenker einen gesunden Flex mitbringt. Daher ist Carbon besonders mit der 35mm Klemmung nicht immer eine gute Entscheidung, vor Allem für Fahrer die genrell Probleme mit den Händen haben.
Die Gabel kann auch dazu beitragen. Ist es eine Steife Fox 40, bekommt man mehr seitliche Schläge durchgereicht als mit einer Upside-Down Gabel, die einen großen Flexbereich hat. Zur Kompensation einer steifen Gabel hilft auch ein guter Flex am Lenker. Eine Fox 40 mit einem Alu Lenker ist eine tolle Kombination. Am wichtigsten ist bei diesem Bauteil aber die Feinfühligkeit und das Ansprechverhalten! Hakt die Gabel im groben Gelände, hilft auch ein flexender Lenker nichts.
Auch die Fahrwerkseinstellungen sollten hier überprüft werden. Egal ob im Dämpfer oder in der Gabel, wer zu viel Highspeed Compression fährt, riskiert harte Schläge gegen den Lenker in flotten Passagen. Das merkt man nicht sofort, sondern meistens erst nach einer Abfahrt, dass die Hänge schmerzen. Auch die Zugstufe sollte nicht zu langsam sein, da sich sonst das Fahrwerk verhärten kann.
Sind die Reifen zu stark aufgepumpt >2 Bar oder sind sie nicht breit genug <2.30" hat man automatisch weniger Dämpfung gegen kleinste Schläge und Unebenheiten. Ein optimaler Wert für einen Bikepark Tag sind für mich ein 2.5" Reifen mit 1,8 Bar vorne (Tubeless) und 1,9 Bar hinten (Schlauch).
Die Kontaktstelle - Welcher Griff?
Zwischen der nackten Hand und dem Lenker sind meistens noch 1-2 Komponenten dazwischen. Zum einen ein Griff aus einem weichen Material als der Lenker. Zum anderen ein Handschuh mit einer Art Kunstleder. Wobei auf letzteres manche Fahrer verzichten.
Bontrager Race Lite - Dünne Griffe mit viel Profil
Der Griff ist je nach Vorliebe entweder simpel mit einem Durchmesser oder ergonomisch mit einer Art Freiform über die Länge. Diese gibt es in dick oder dünn. Dazu exisiteren noch verschiedene Gummi-Muster. Die Auswahl ist unendlich. Im obenren Bild seht ihr einen dünn profilierten Bontrager Griff, der zwischen der Haut oder dem Handschuh viel Grip aufbaut. Die offene Strucktur ermöglicht ein gute Verbindung zur Kontaktfläche. Denn die Haut oder der Handschuh kann sich schön in die Vertiefungen legen. Dagegen ist der dünne Griff in der Mitte mit nur sehr kleinen Noppen gefertigt. Er ist zwar extrem dünn, bietet aber kaum Grip für Haut oder Leder. Lediglich die Reibung vom Gummi ist behilflich für die Kontrolle, was insgesammt weniger empfehlenswert ist.
Aber warum schwören viele gute Fahrer auf extrem dünne Griffe die null Ergonomie vorhalten?
Begründen kann man das mit einem Extrembeispiel. Stellt man sich vor man muss Klimmzüge machen, ist es leichter sich an einer 1 cm Stange festzuhalten als an einem 10 cm dicken Rohr. Je größer der Durchmesser, desto mehr Handkraft wird benötigt sich fest zu halten. Je nach Handgröße gibt es also zwischen den 2 Extrempunkten 1 cm und 10 cm Durchmesser, ein Optimum, was für die Meisten in die Richtung des Lenkerdurchmessers geht. Da bei Profis eine extreme Unterarmmuskulatur vorhanden ist, wird die Ergonomie eines Griffs meist als unnötig gesehen, hier steht der geringe Kraftaufwand für dünne Griffe im Vordergrund. Ein weiterer Punkt ist, dass Profis oft veränderliche Haltungen, der Hand am Griff, während einer Abfahrt einnehmen. Ein ergonomischer Griff gibt aber eine feste Haltung schon vor. Die Hand eines Profis bewegt sich also aktiv rund um den Griff. Das ist nicht nur beim Downhill so, sondern auch beim Slopestyle ist es oft von Vorteil die Hand um den Griff bewegen zu können, wie bei einem Tabletop.
Ergonomische Griffe mit unterschiedlichen Querschnitten
Die ergonomischen Griffe oben im Bild sind z.B. für große Hände sehr gut geeignet. Die Partie wo der Mittelfinger aufliegt hat einen größeren Durchmesser, damit sich die Hand schließen lässt, ohne dass sich der Mittelfinger in den Handballen bohrt. Der Ring- und der kleine Finger sind nicht so lang und brauchend daher eher einen kleinen Durchmesser um einen Griff gut umschließen zu können.
Generell ist es also für Fahrer, die Handprobleme auf Abfahrten haben sinnvoll sich ergonomische Griffe zu zulegen. In meinem Fall z.B. kann ich dünne Griffe komplett umgreifen. Das hat zur Folge, dass sich die Fingerkuppen in die Handfläche bohren, wenn ich fest zugreife. Bei dickeren Ergonomischen Griffen, habe ich das Problem nicht. Die Finger liegen auch komplett am Griff an und kein Fingerglied steht in der Luft. Wenn Fingerglieder frei stehen, können sie ungehindert und frei schwingen. Das wiederum kann sich in Schmerzen zwischen dem Gelenkspalt auswirken. Daher fahre ich ergonomische Griffe. (z.B. Ergon GE1)
Die Handtypen - Handschuhe ja/nein?
Es macht einen großen Unterschied ob man zu schwitzigen Händen neigt, oder ob sie eher trocken sind. Ich habe eher trockene Hände, was sich automatisch mit Handschuhen beißt. Das sieht dann so aus, bei den ersten paar Abfahrten passt alles. Ich habe einen eng sitzenden Handschuh an und habe den Griff damit fest in der Hand. Dabei wird der Unterarm nicht so sehr belastet, da ich nicht so fest zudrücken muss. Nach kurzer Zeit aber fängt meine Hand im Handschuh an zu rutschen. Der Handschuh rutscht nicht auf dem Griff, aber dafür die Hand im Handschuh. Die Folge, ich muss stärker zugreifen, verkrampfe und der Unterarm ermüdet schnell. Wer nicht aufpasst, riskiert durch müde Hände auch Stürze.
Die Lösung ist somit, den Handschuh zu meiden. Damit brauche ich weniger Kraft den Lenker zu kontrollieren, denn es ist immer genügend Reibung zwischen der Hand und dem Gummi, ohne dass man die Muskulatur zu sehr beanspruchen muss. Das Risiko, sich die Hand bei einem Sturz aufzuscheuern ist jedoch da, keine Frage. Hier muss jeder selbst abwägen.
Für Fahrer mit eher schwitzigen Händen sieht die Welt jedoch ganz anders aus. Die würden durch den Schweißfilm, vom nackten Gummigriff, abrutschen oder sie müssten fester zupacken. Das wäre wiederum schlecht für die Ausdauer der Unterarmmuskulatur. Aber ein Handschuh in Verbindung mit einer leicht feuchten Handinnenfläche bietet jedoch mehr Halt als mit einer trockenen Hand.
- Von dem her, gibt es definitiv gute Gründe warum man Handschuhe wählen sollte, oder eben nicht.
Man kann also zusammenfassen:
- Zum entlasten der Muskulatur, die Hand in einfachen Abschnitten oder bei Sprüngen kurz öffnen und pumpen.
- Handprobleme bei Abfahrten? --> Peripherie kontrollieren, Flexender Lenker, Fahrwerk(!!!), Luftdruck in den Reifen (...) Ergonomischer Griff, trockene Hände?
- Trockene Hände? --> Verzicht auf Handschuhe
- Schwitzige Hände? --> Handschuhe sollten getragen werden
Bleibt Verletzungsfrei!Tom